Abriss über die Möltenorter Knochenbruchgilde von 1655



Einem Zufall ist es zu verdanken, dass das alte handschriftliche Stammbuch der ehemaligen Brand- und Schützengilde der "Schrevenborner Leute vom Ohrt" in einem Geheimfach der alten Gildelade, die das Archiv der Möltenorter Gilde bildet, im Jahre 1894 entdeckt wurde.


Nach diesen Unterlagen ist 1772 ein "Ohrter Schützen- wie auch Brandt-Gilde-Buch" neu eingebunden worden. Hierin wurden alle Namen der Gilde-Brüder nebst ihren Bürgen vom damaligen Schreiber Christian Woffgramm neu eingeschrieben. Zu diesem Zeitpunkt zählte die Gilde 161 Mitglieder.


Nach den vorgefundenen Statuten und den verschiedenen Abschriften, welche dem Buch beigefügt waren, ist zweifelsfrei das Gründungsjahr "1655" festgestellt worden. Diese Statuten sagten nicht nur etwas über die Entschädigung bei einem Brand eines Hauses eines Mitgliedes aus, sondern regelten auch die Zugehörigkeit zur Gilde selbst. Danach musste sich jedes Mitglied bestimmten Bedingungen unterwerfen.

 

So wurde einer, der wegen "Diebstahles, der Unzucht, des Sauffens und Fluchens oder irgend einem anderen groben Lasters und straffbaren Schandthat beruffen und bestraffet ist", in dieser "ehrlichen" Gesellschaft nicht aufgenommen oder geduldet.
Eine derartige Lasterhaftigkeit ist denn auch von vornherein als Hindernis der Aufnahme, sowie als Grund für die Ausschließung in das Statut aufgenommen worden.


Ein großer Teil der Paragraphen in den Statuten widmete sich dem Vogelschießen. Dieses Ereignis förderte das Zusammengehörigkeitsgefühl und zog deshalb auch viele Bürger aus den umliegenden Gemeinden wie Alt-Heikendorf, Neuheikendorf, Schrevenborn, Dietrichsdorf, Neumühlen, Wellingdorf und Ellerbek an, und wurden Mitglied in der Möltenorter Gilde. Selbst die Bewohner aus der Probstei, Schönkirchen, Mönkeberg und Laboe schlossen sich an.


Bis zum Jahre 1890 wurde mit einer Feuersteinschlossbüchse mit Pulverpfanne und einer Länge von 2,20 Meter und einer Lauföffnung von 28 Millimeter Durchmesser nach einem mit Eisen beschlagenem auf einer Stange hoch stehenden Vogel geschossen. Der zunehmende Schiffsverkehr ließ dieses jedoch nicht mehr zu. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde nicht nur die Büchse, sondern auch die nach dem ersten Weltkrieg, benutzten Waffen kurzfristig eingezogen und das Vogelschießen wurde mit selbstgebauten Armbrüsten durchgeführt.
 

Die Gildebüchse
 


Die Büchse ist noch im Besitz der Gilde und wird bei größeren Veranstaltungen bei Umzügen mitgeführt. Heute wird mit dem Kleinkalibergewehr auf einen doppelköpfigen Adler aus Holz mit sicherem Kugelfang geschossen.

Am 1. Mai 1828 wurde die Möltenorter Brandgilde kraft der Grundgesetze der Schleswig-Holsteinischen adeligen Brandgilde aufgehoben und am 25. Juni 1829 in eine Knochenbruchgilde umgewandelt. Durch die Umwandlung ist der ursprüngliche Charakter der Gilde als Wohltätigkeitseinrichtung gewahrt worden und gilt auch heute noch gem. § 53 des Versicherungsaufsichtsgesetzes als ein "Verein auf Gegenseitigkeit".

 

Auch die Entschädigung eines Knochenbruches ist weiterhin ein wesentlicher Bestandteil der Gilde.


Die "Veränderten Statuten" vom 20. April 1884 sprachen noch von einem "Möltenorter Unterstützungsverein für Verunglückte durch Knochenbruch". Wie es auch heute noch auf der Fahne verewigt ist. Die, in der Kieler Zeitung vom 12. und 13. Juni 1894, erwähnte Namensbezeichnung "Möltenorter Brand- und Schützengilde" ist irreführend, da, wie schon oben beschrieben, 1884 diese Bezeichnung nicht mehr Verwendung fand.


In der Versammlung vom 5. Juni 1920 wurde dann das Wort Unterstützungsverein in "Gilde" abgeändert. Den heutigen Namen "Möltenorter Knochenbruchgilde von 1655" erhielt die Gilde mit der Satzung (Statuten) vom 17. 9. 1950.

 

Heute zählt die Gilde noch deutlich über 200 Mitglieder.

 

Davon sind 14 Mitglieder durch ihre 50-jährige Zugehörigkeit Ehrenmitglieder.. Da die Möltenorter Gilde eine reine Männergilde ist, wurde 1982 für die 750-Jahr-Feier der Gemeinde Heikendorf im Jahre 1983 eine Trachtengruppe von einigen Frauen und Töchtern der Gildebrüder ins Leben gerufen.

 

Aber auch schon zu den Feierlichkeiten der 250-und 300-Jahr-Feiern wurden die Gildeaktivitäten von den Frauen in historischen Trachten unterstützt.


Für die 333-Jahr-Feier 1988 wurde extra ein Festausschuss gegründet, der schon Jahre vor dem Ereignis aktiv tätig war und auch heute noch die jährlichen Grillfeste und die vielen Skat- und Kniffel-Abende u. a. ausrichtet.